Horst Mahler zu 9 Monaten Haft verurteilt

Gestern, am 12. Januar 2005, ist das Urteil gegen Horst Mahler im Prozeß wegen Volksverhetzung gesprochen worden: schuldig. Strafe: neun Monate Gefängnis ohne Bewährung.

Zunächst lehnte das Gericht Horst Mahlers Antrag auf Ladung von Sachverständigen ab; diese würden keine „entscheidungserheblichen Tatsachen“ beisteuern.

Horst Mahler entgegnete, daß die Kammer nicht annähernd begriffen habe, worum es ginge. Sie habe alle seine Beweisanträge abgelehnt. Von nun an nahm die dramatische Zuspitzung des einjährigen Aneinandervorbeiredens von Angeklagtem und Gericht an diesem Verhandlungstag seinen Gang, der in der Verurteilung zu Haft seinen Höhepunkt finden sollte. Das Publikum und Horst Mahler selber hatten sich nach den über ein Jahr hinweg mühevoll ausgearbeiteten und exzellent vorgetragenen Einlassungen des Angeklagten immer wieder in der leisen Hoffnung gewogen, das immer wieder durchblitzende riesige Mißverständnis könne doch noch behoben werden.

Der Prozeß ähnelte insofern einer Liebesbeziehung, in der die Partner aneinander vorbeireden und einer der Partner um Verständnis kämpft – letztlich vergebens.

Nun war der Moment gekommen, wo Horst Mahler ein allerletztes Mal versuchen sollte, das Gericht zu einem Verständnis zu bewegen: Er begann in eigener Sache zu plädieren und sein Schlußwort zu halten. Er bot alles, wirklich alles auf, was er an Feuer, an Intelligenz, an jahrzehntelanger Erfahrung als Anwalt und Verteidiger in sich hat. Die Brillanz des einstündigen, frei gehaltenen Vortrages kann überhaupt nicht angedeutet werden; es kann nur bedauert werden, daß Bild und Ton des Vortrags nicht aufgenommen werden konnten. Ich kann hier nur auf verschwindend wenige Punkte des Mahler-Vortrages eingehen.

Horst Mahler stellte noch einmal, noch ein letztes Mal eindringlich dar, worum es ihm ginge: nämlich um die Auflösung von Vorurteilen und um die Beseitigung des Hasses gegen die Juden. Streng logisch baute er seine Rede auf, er sprach ruhig und genau im richtigen Tempo. Er sagte noch einmal, daß nichts ohne Ursache sei. Wenn der gegenwärtige Zustand entschärft und endgültig überwunden werden solle – das Vorhandensein von Judenhaß überall auf der Welt –, dann sei eine ehrliche und radikale Ursachenforschung notwendig. Kein Richter dürfe diese Ursachenforschung und deren Ergebnisse verhindern. Die Ergebnisse dieser Ursachenforschung dürften nicht vorgegeben, nicht von wem auch immer bestimmt sein. Die Ursachenforschung müsse in Freiheit und in freier Diskussion vonstatten gehen.

Sowie aber jemand – wie er – frei denke und seine Gedanken äußere und sie anderen als Diskussionsbeitrag darbiete, würde dies als Teufelszeug empfunden, das es auszurotten gelte. Der freie Umgang mit dem Thema Judentum und Antisemitismus sei in Deutschland schwerst tabuisiert; die Menschen steckten voller Gift, das ihre freie Gedankentätigkeit vollständig lähme.

Ihm sei von Staatsjuristen „kritikloses und primitives Denken“ vorgeworfen worden. Angesichts der Mühe, die er sich gemacht habe, eben überhaupt ein wirkliches Denken über die Ursachen von Rassismus und Antisemitismus in Gang zu setzen, sei er fast sprachlos über die brutale Ignoranz der Staatsjuristen und nannte deren Äußerungen intellektuelle Pornographie, worauf aus dem Publikum laute Zustimmung und Bravo-Rufe erschallten. Zwei Hingerissene wurden von Richter Faust des Saales verwiesen.

Die Verhinderung von Diskussion und Ursachenforschung sei, so Horst Mahler, blanke Willkür und kein Recht, sie sei Gewalt. Wenn das Gericht ihn dafür verurteilen sollte, daß er die Ergebnisse seines Nachdenkens und seiner Ursachenforschung zur Diskussion stelle, dann sei das ein schweres Gewaltverbrechen.

Sein logisches Denken könne wie das des jüdisch-zionistischen Gelehrten Bernard Lazar zu keinem anderen Ergebnis kommen als dem, das die Ursache für Antisemitismus bei den Juden liege und nicht bei den Nichtjuden, da es – wie Lazar ausgeführt hatte – Judenhaß zu allen Zeiten und bei allen Völkern gegeben habe. Ein solches Denken – das nichts, aber rein gar nichts mit einer Verhetzung zu tun habe – mit Gewalt von der Diskussion auszuschließen, sei ein Verbrechen.

Wieder kam er auf die Mühe, die er sich gemacht, auf die Ernsthaftigkeit und die Sorgfalt, mit der er seine Forschungen über Jahre hinweg betrieben habe, zurück. Doch nur die Wucht des Unverständnisses sei ihm immer wieder entgegengekommen: Genau darin – allein im ruhigen, sachlichen Nachdenken – würden die Juden bereits ein Verbrechen sehen, sie würden schon das Stellen von Fragen kriminalisieren.

Er verstünde die Juden und ihre Haltung; er habe Verständnis dafür, daß sie eine wirklich tabulose und freie Diskussion verhindern wollen. Aber dieses Verständnis werde ihn nie davon abhalten, frei zu denken und seine Gedanken zu äußern. Sein Denken sei frei; wo käme er hin, in freiem Denken eine Verhetzung, eine Gefahr für wen auch immer zu sehen. Das sei tatsächlich die Bankrotterklärung der Menschheit. Wenn wir nicht mehr frei denken und unsere Gedanken frei austauschen können, dann könne der Laden dicht gemacht werden. Das aber werde er nie einsehen. Aus Horst Mahlers Worten sprach ein tiefes Vertrauen in die Menschen. Horst Mahler ist tief von der Freiheit, von der Vernunft und deren beider wohl- und heilstiftender Wirkung überzeugt.

Wenn keine Fragen mehr gestellt werden dürften, wenn das Denken und Sprechen verboten werde, dann sei genau das der Grund für Stagnation und für Konflikte, die zu Gewalt führten.

Wenn Richter Faust ihn dafür bestrafe, daß er sich mit aller ihm zur Verfügung stehender Kraft und mit seinem ganzen Herzen dafür einsetze, daß der Antisemitismus wirklich von der Erde verschwinde, dann nähme er eine sehr schwere Schuld auf sich. „Das werden Sie nie wieder los“, sagte Horst Mahler zum vorsitzenden Richter.

Erneut wies Horst Mahler auf die Chance zum Umkehr hin, die das Gericht habe, und auf den nahen Zusammenbruch der BRD. Das Vasallenregime bräche zusammen, daran gäbe es nicht mehr den geringsten Zweifel. Und das noch in diesem, spätestens im nächsten Jahr. Und das aus dem einfachen Grunde, weil die USA als Herrin der Vasallenstaaten bereits dabei sei, zusammenzubrechen. Wenn schon die amerikanische Generalität den Präsidenten angreife und ihm vorwerfe, die Soldaten getäuscht und im Irak verheizt zu haben, dann sei das der Anfang vom Ende.

Es sei ein fataler Fehler, anzunehmen, die BRD würde noch lange existieren. Sie werde genau so verschwinden wie die DDR, die Sowjetunion und die USA. Die Ratten würden bereits das sinkende Schiff verlassen. Ausführlich zitierte Horst Mahler nun aus einem beeindruckenden Artikel von Heiner Geißler. Dieser Artikel hat den Titel „Wo bleibt Euer Aufschrei? – In der globalen Wirtschaft herrscht die pure Anarchie. Die Gier zerfrißt den Herrschern ihre Gehirne. Ein Wutanfall“ und erschien am 11.11.2004 in der Nr. 47 der Wochenzeitung Die Zeit (im Netz vollständig hier nachzulesen). Heiner Geißler käme darin – zu spät – zur Anwendung der marxistischen Wirtschaftslehre, der Horst Mahler bereits schon 1968 angehangen habe, als er deshalb noch von Heiner Geißler angefeindet worden sei. Heiner Geißler zitiert in seinem „Wutanfall“ aus dem Kommunistischen Manifest: „Das Kapital hat die Bevölkerung agglomeriert, die Produktionsmittel zentralisiert und das Eigentum in wenigen Händen konzentriert. Die Arbeiter, die sich stückweise verkaufen müssen, sind eine Ware wie jeder andere Handelsartikel und daher gleichmäßig allen Wechselfällen der Konkurrenz, allen Schwankungen des Marktes ausgesetzt“ und schreibt selbst: „146 Jahre später warten in Deutschland – als ob es nie eine Zivilisierung des Klassenkampfes gegeben hätte – Zehntausende von Arbeitern auf den nächsten Schlag aus den Konzernetagen von General Motors, Aventis, Volkswagen und Continental, der sie in die Arbeitslosigkeit und anschließend mit Hilfe der Politik auf die unterste Sprosse der sozialen Stufenleiter befördert. (...) Die Arbeiter in den Industriestaaten und ihre Gewerkschaften, die angesichts der Massenarbeitslosigkeit mit dem Rücken an der Wand stehen, fühlen sich anonymen Mächten ausgeliefert, die von Menschen beherrscht werden, deren Gier nach Geld ihre Hirne zerfrißt.“

1971 hatten David Crosby, Neil Young und Jerry Garcia in ihrem Lied „What Are Their Names?“ nach den Namen dieser „anonymen Mächte“ gefragt:

I wonder who they are
The men who really run this land
And I wonder why they run it
With such a thoughtless hand

What are their names
And on what streets do they live
I'd like to ride right over
This afternoon and give
Them a piece of my mind
About peace for mankind
Peace is not an awful lot to ask

(Ich frage mich, wer sie sind,
Die Leute, die dieses Land wirklich regieren.
Und ich frage mich, warum sie es so rücksichtslos regieren.
Was sind ihre Namen?
In welcher Straße wohnen sie?
Ich würde sie am liebsten gleich mal besuchen fahren
Und ihnen etwas von meinem Geist abgeben,
Vom Geist des Friedens für die Menschheit.
Es ist kein Verbrechen, nach dem Frieden zu fragen.)

Nun fragte Horst Mahler klar und direkt: „Wer sind diese anonymen Mächte, von denen Heiner Geißler spricht?“

Auch den Laienrichtern redete Horst Mahler ins Gewissen: „Was hat das alles noch mit Meinungsfreiheit zu tun?“ Er erinnerte sie daran, daß ihre Stimme das gleiche Gewicht habe wie die der Berufsrichter und daß sie auf Wahrheit und Recht geschworen hätten.

Um 13.45 Uhr beendete Horst Mahler sein Schlußwort, das von ihm mit schier unglaublichem Sachverstand, Engagement und Überzeugungskraft vorgetragen wurde – vergebens: Eine andere Welt trat nach einer Viertelstunde aus dem richterlichen Beratungszimmer in den Verhandlungsraum zurück, stellte sich wie eine undurchdringliche Wand auf und sprach: neun Monate Freiheitsentzug. Die Urteilsbegründung durch Richter Faust (in der von „politischen Delikten“ (?) die Rede war), zeugte von kompletter Inkompatibiliät. Die Äußerungen Horst Mahlers hätten die „intellektuelle Ekelschwelle“ unterschritten.

Ja, die Verständigungsbemühungen des Angeklagten schlugen doppelt hart zurück: Er, Richter Faust, werde ein weiteres Strafverfahren gegen Horst Mahler einleiten, weil dieser den ostentativen Versuch unternommen habe, die Laienrichter einzuschüchtern und zu nötigen.

Aus dem Publikum kam ein lauter Aufschrei: „Pfui! Schämen Sie sich! Was für eine Schande!“

Horst Mahler wird in die Revision gehen. Der für die Revision vorgeschriebene Jurist muß bezahlt werden. Es wird um Spenden gebeten: hm@horst-mahler.de.

Peter Töpfer, 13.1.05

Horst Mahler im Netz: www.deutsches-kolleg.org/hm