Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Richter Faust Dr. Gernot Schäffner
Präsident des Landgerichts
Berlin, 13.4.04
Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den vorsitzenden Richter am Landgericht Faust wegen eines Vorfalls am Fr., 02.04.2004 im Saal 700 des Kriminalgerichts Moabit - Anlage: Kopien der Anzeigen des Karl Klebig und dessen Schreiben an mich
Sehr geehrter Herr Präsident, hiermit möchte ich Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den vorsitzenden Richter am Landgericht Faust wegen eines Vorfalls am 2.4.04 im Saal 700 des Kriminalgerichts Moabit erheben. Zu Beginn der Verhandlung gegen Horst Mahler u.a. wegen Volksverhetzung ist der Zuhörer Karl Klebig vom Richter in einer Weise behandelt worden, die m.E. mit den Grundprinzipien eines rechtsstaatlichen Verfahrens (dazu gehört ein korrektes und diszipliniertes Auftreten des Richters) nicht vereinbar ist. Gem. § 14Abs.1Nr.3 der Verordnung zur einheitlichen Regelung der Gerichtsverfassung vom 20.3.1935 ( RGBl I S.403 ) , die gem Art.74 Nr.1 und Art.125GG als Bundesrecht fortgilt, übt der Landgerichtspräsident die Dienstaufsicht über die Richter am Landgericht aus. ( Näheres hierzu: Schmidt-Räntsch, Günther, Schmidt-Räntsch, Jürgen, Deutsches Richtergesetz, 5.Aufl. München 1995, §26 Rn 10-12 ) Obwohl die Richter unabhängig sind, unterliegen sie der Dienstaufsicht: §26 Abs.1 DRiG. Schmidt-Räntsch a.a.O. §26 Rn.2. Die Unabhängigkeit ist kein Grundrecht und kein Standesprivileg: BVerfGE 27,211,217. BGH DRiZ 1978, 185. Benda: Bemerkungen zur richterlichen Unabhängigkeit, DRiZ 1975, 166ff. Schmidt-Räntsch a.a.O. Rn 21. Sie dient vielmehr der Justizgewährungspflicht durch den gewaltenteilenden Rechtstaat. Dem gleichen Ziel dient die Dienstaufsicht. Um die Unabhängigkeit zu gewährleisten, beschränkt diese sich auf die äußere Ordnung, im Gegensatz zum Kernbereich der richterlichen Tätigkeit, der Entscheidungsfindung: BGHZ 42, 163,169ff. BGHZ 70, 1, 4= BGH NJW 1978, 824. Bei Schmidt-Räntsch § 26 Rn 23 sind zahlreiche Beispiele genannt für solche, der äußeren Ordnung dienenden Umstände. Bei der Anhörung oder Vernehmung von Parteien, Prozessbevollmächtigten , Zeugen und Sachverständigen gehört eine angemessene Umgangsform zur Art der Ausführung des Amtsgeschäfts: BGHZ 70,1=NJW 1978, 824ff: Der BGH verbietet "verbale Exzesse". Siehe auch Schmidt-Räntsch a.a.O. Selbstverständlich sind auch die Zuhörer vor verbalen Exzessen des Richters geschützt wie Verfahrensbeteiligte, denn auch sie haben Anspruch auf Achtung ihrer menschlichen Würde. Zum Wesen der menschlichen Würde gehört nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, daß niemand zum bloßen Objekt staatlicher Willkür herabgestuft werden darf. Im einzelnen hat sich folgendes ereignet: Zu Beginn der Verhandlung sprach Herr Richter Faust sehr leise und für die Zuhörer völlig unverständlich. Die Öffentlichkeit der Hauptverhandlung war zu diesem Zeitpunkt nicht gegeben, da ein in unverständlicher Sprache geführter Prozess einem unzulässigen Geheimverfahren gleichkommt. Der Richter hatte allen Grund, dafür dankbar zu sein, auf diesen Umstand hingewiesen zu werden, da der unzulässige Ausschluß der Öffentlichkeit einen Revisionsgrund darstellt, und eine Aufhebung des Urteils wohl kaum seinem Interesse entspricht. Der Zuhörer Klebig stand auf und sagte in Richtung Richterbank: "Herr Vorsitzender, ich möchte Sie bitten, etwas lauter zu sprechen, man kann Sie hier hinten nicht verstehen." Das Auftreten des Zuhörers war völlig korrekt und gab zu Beanstandungen keinerlei Anlaß, ja es war aus den schon genannten Gründen sogar dringend geboten. Die Reaktion des Richters führte im Zuhörerraum zu fassungsloser Empörung. Betont werden muß, daß diese sich völlig ruhig und diszipliniert verhielten. Der Richter entschuldigte sich nicht nur nicht für sein Fehlverhalten, nein, er verbat dem Zuhörer jede weitere Äußerung und drohte ihm für den Fall des Zuwiderhandelns gegen sein willkürlich verhängtes Verbot mit der durch nichts zu rechtfertigenden Verweisung aus dem Saal: "Ich diskutiere nicht mit Ihnen. Wenn Sie noch einmal etwas sagen, fliegen Sie raus." Herr Richter Faust hat damit nicht nur gezeigt, daß er den Anforderungen des Prozesses nervlich nicht gewachsen ist, nein, er hat unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß er den Gerichtssaal nicht als Ort sachlicher Rechtsfindung, sondern als Spielplatz für die Abreagierung seiner aufgeregten inneren Befindlichkeit betrachtet. Ein solches Verhalten eines Richters in öffentlicher Hauptverhandlung ist nicht lediglich Ausdruck menschlicher Schwäche, sondern untragbar, und muß im Wege der Dienstaufsicht geahndet werden. Der sonst drohende Ansehensverlust der Richterschaft, wie auch das Schwinden des Vertrauens der Bevölkerung in das Funktionieren des Rechtsstaats ( viele Zuhörer glauben gar nicht mehr an diesen und ziehen Vergleiche mit der DDR ) lassen es als dringend geboten erscheinen, der Willkür dieses Richters Einhalt zu gebieten. Hier sollte auch beachtet werden, daß sich im Zuhörerraum nicht nur Menschen befinden, die sich vom demokratischen Rechtsstaat bereits innerlich abgewandt haben und überall das Walten dunkler Kräfte vermuten, sonder auch solche, die sich davon überzeugen wollten, daß er (noch) funktioniert, und sich nun erschreckt abwenden. Die Folgen sind unabsehbar. Der verletzte Herr Klebig fühlt sich, obwohl er lediglich eine berechtigte Bitte vorbringen wollte, und dies auch in sehr höflicher und angemessener Weise tat, durch eine durch nichts zu rechtfertigende Drohung zum Schweigen genötigt und in seiner Ehre verletzt. Die Rahmenbedingungen sind hier besonders zu beachten – Demütigung in aller Öffentlichkeit. Die Art und Weise des Einschreitens der Dienstaufsicht unterliegt wohl einem Ermessenspielraum des Dienstvorgesetzten. Ich habe Vertrauen, daß dieses sachgerecht und unter Beachtung der Belange des Verletzten, der mich mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hat (siehe Anlage), ausgeübt wird. Hochachtungsvoll Dr. Gernot Schäffner
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